Buchtipps

Drei Prozent können eine Gesellschaft ändern

Durchblick durch Manipulationsstrategien

Gutmenschen sind diese Zwitter aus hehren Zielvorstellungen und Realitätsverengung, aus ideellen Ansprüchen und aufgeregtem Moralisieren. Aus der Sicht ihrer Gegner, den Geld-Menschen, wie Christine Bauer-Jelinek in ihrem Buch „Die geheimen Spielregeln der Macht und die Illusionen der Gutmenschen“ schreibt. Die Autorin stellt zunächst die Gutmenschen so in den Senkel, dass man meinen möchte, diese seien nicht der Rede wert. Und dann handelt das ganze Buch von ihnen und der „schönen neuen Welt“, in der die Gutmenschen mit ihrem unklaren Verhältnis zur Macht auf die Nase fallen, während sie mit ihrer Mission Druck aufbauen, nur leider oft machtblind. Bauer-Jelinek will ihnen beibringen, wie es mit der Macht wirklich läuft im Leben. Und wie Gutmenschen in Kenntnis der Machtspiele vorwärtskommen können. Am Buchende kommen einige Hinweise in verträglicher Perspektive, die Gutmenschen in die Lage versetzen, herrschende Machtverhältnisse zu ändern. Geht das?
„Versucht es doch! 3% reichen, um die Gesellschaft zu verändern“, ruft uns der ehemalige Ministerpräsident Sachsen-Anhalts und Präsident des Evangelischen Kirchentages Reinhard Höppner zu im Blick auf die Bewegung „Wir sind das Volk“ in der DDR. Und geht die wichtigsten Felder christlich motivierten Engagements in der Gesellschaft durch. Der richtige, ethisch verantwortliche Gebrauch von Macht ist für Änderungen notwendig und kann gelingen, wenn Machtspiele und „der Tanz um das Goldene Kalb“ durchschaut und durchkreuzt werden. Höppner macht Mut und gibt klare Orientierung.
Bei Machtspielen geht es hart zur Sache. Die „Machtspiele“, die Matthias Nöllke in seinem gleichnamigen Buch erstklassig beschreibt, analysiert und für die er Gegenstrategien vorschlägt, reichen von Boss- über Mitarbeiter- bis zu Foulspielen. So wird manipuliert. Daher geben Reiner Neumann und Alexander Ross Durchblick, um Manipulationstaktiken und in ihnen den „Macht-Code“ zu erkennen. Nur dann ist Abwehr möglich. Das Janus-Gesicht der Macht zwischen Missbrauch und Gebrauch erforschen unter anderen Oskar Lafontaine, Jan Philipp Reemtsma und Peter Eigen in dem Band „Macht“ von Bernd Simon. Ein Kleinod zum Verhältnis von „Macht und Gerechtigkeit“ präsentiert der TV-Moderator Fons Elders: Die Diskussion zwischen Noam Chomsky und Michel Foucault 1971 im niederländischen Fernsehen erstmals auf Deutsch. Für ein solches Gespräch, lohnt sich „Was ist Macht?“ von Byung-Chul Han zu lesen. Er schafft kritische Durchblicke, eine klare Systematik und diskutiert Denkpositionen von Philosophen. Foucault und Friedrich Nietzsche sind zum Schluss Quellen für eine „Ethik der Macht“, die Machtausübung durch Freiheit begrenzen wollen. „Macht ausüben“ kann laut Stefan Kiechles Buch gut oder schlecht sein. Es hängt davon ab, ob Machtausübung zeitlich und sachlich relativer Dienst ist. Aus jesuitischer Spiritualität heraus entwickelt der Jesuitenpater Kiechle zwölf Leitsätze für den Umgang mit Macht, die realitätsnah genug, spirituell verankert und am Guten orientiert sind. So kann Machtgebrauch gelingen zum Wohl der Anvertrauten.

Dr. Norbert Copray

Christine Bauer-Jelinek: Die geheimen Spielregeln der Macht und die Illusionen der Gutmenschen,
Ecowin. 188 Seiten

Noam Chomsky/Michel Foucault/Fons Elders: Macht und Gerechtigkeit, Orange Press. 61 Seiten

Buyung-Chul Han: Was ist Macht?, Reclam 18356

Reinhard Höppner: Versucht es doch!; Gütersloher Verlagshaus. 208 Seiten

Stefan Kiechle: Macht ausüben, Echter. 80 Seiten

Reiner Neumann/Alexander Ross: Der Macht-Code, Hanser. 227 Seiten

Matthias Nöllke: Machtspiele, Haufe. 230 Seiten

Bernd Simon (Hg.): Macht, Hogrefe. 136 Seiten