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RA Dr. Thomas Etzel, München

Was Führung kosten kann

Kurze schriftliche Zusammenfassung des Statements

Die größten Probleme und der größte Kostenfaktor in der Arbeitswelt liegt darin begründet, dass es zwar viele Führungskräfte aber viel zu wenig Führungspersönlichkeiten gibt. Der Unterschied zwischen Führungskräften und Führungspersönlichkeiten liegt darin, dass Führungskräften die erforderliche soziale Kompetenz fehlt, um die ihnen anvertrauten Mitarbeiter zu führen. Menschenführung bedeutet, Mitarbeiter erfolgreich zu machen und erfolgreich zu halten. Die erforderliche Führungskompetenz, die eine Führungspersönlichkeit auszeichnet, lässt sich nur dann erlernen, wenn die hierzu erforderliche soziale Kompetenz und Charakterfestigkeit bei den jeweiligen Führungskräften hinreichend ausgeprägt sind. Fehlen diese Voraussetzungen, so verfehlen selbst teuerste Seminare ihren Zweck bei diesen Führungskräften. Vielfach werden Führungspositionen nach fachlicher Kompetenz, Devotheit gegenüber Vorgesetzten, Zugehörigkeit zu bestimmten Seilschaften oder ähnlichen Gründen vergeben.

Solche Führungskräfte sind im Umgang mit ihren Mitarbeitern regelmäßig unsicher und versuchen diese Unsicherheiten dadurch zu kompensieren, indem sie sich entweder zu Despoten aufschwingen, intrigieren oder sich den Mitarbeitern anbiedern.

Sämtliche sogenannten Sandwichpositionen, also von der untersten Führungsebene bis unterhalb der Geschäftsleitung, sind gleichermaßen von den Führungsdefiziten und ihren Auswirkungen betroffen.

Gleichzeitig gilt ein eiserner Grundsatz quer durch die Privatwirtschaft und den öffentlichen Dienst: "der Ober sticht den Unter". Folge hiervon ist, dass schwache Führungskräfte regelmäßig von ihren dann meist ebenfalls schwachen höheren Führungskräften gedeckt werden. Denn auch diese Führungskräfte wollen sich nicht nachsagen lassen oder eingestehen, dass sie im Ergebnis für eine unfähige Führungskraft, die sie vielleicht noch selbst ausgesucht haben, verantwortlich sind.
Durch diese fehlerhafte Organisationsstruktur werden Machtkämpfe und Intrigen herausgefordert und gefördert. Der volkswirtschaftliche Schaden durch krankmachende Strukturen und Verhaltensweisen am Arbeitsplatz kostet jährlich einen Betrag zwischen zirka 43 und 75 Milliarden EUR. Wenn sich jemand gegen Mobbing oder Bossing wehrt, wird der Betroffene meist als Querulant oder Psychopath abgetan.
Sämtliche von Psychoterror oder Bossing Betroffenen haben regelmäßig erhebliche gesundheitliche Schäden zu erleiden. Diese reichen von psychosomatischen Symptomen bis hin zu posttraumatischen Belastungsreaktionen, schweren Depressionen und sogar bis hin zum Suizid. Zirka 15 bis 20 % aller Suizide in Deutschland gehen auf das Konto krankmachender Verhaltensweisen und Strukturen am Arbeitsplatz. Aber auch die selbst überforderten und oftmals zum Mobber oder Bosser werdenden Führungskräfte haben regelmäßig gesundheitliche Folgeschäden zutragen. Auch das Ausüben von Psychoterror, das Aushecken von Intrigen und die schlichte Überforderung als Führungskraft sind mit Stress verbunden, der wiederum zu Bluthochdruck, Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall führen kann.
Unter personalpolitischen Gesichtspunkten ist zu berücksichtigen, dass rund 25 Prozent der Arbeitnehmer auf Grund der vorbezeichneten Missstände innerlich gekündigt haben.
Juristisch ist den Missständen in der Praxis leider schwer beizukommen. Lichtblicke sind zwei Entscheidungen des Thüringer Landesarbeitsgerichtes, die die Beweislage der Betroffenen deutlich verbessern. In der anwaltlichen Praxis lässt sich vielfach eine vergleichsweise Regelung, meist in Form von Abfindungen oder Versetzungen, erzielen, weil den betreffenden Unternehmen solche Missstände zwar peinlich sind, aber nicht abgestellt, sondern unter den Teppich gekehrt werden. Teilweise lassen sich Unternehmen das Schweigen der Opfer und die Vermeidung eines spektakulären Rechtsstreits hohe Abfindungsbeträge kosten, insbesondere wenn die Täter persönlich für die Gesundheitsschäden der Opfer nebst Verdienstentgang etc. in Haftung genommen werden.

Um den vorbezeichneten Missständen auf Dauer den Boden zu entziehen, muss Fairness das gelebte Gebot eines jeden Unternehmens, einer jeden Führungskraft, eines jeden Mitarbeiters und Inhalt der Personalführungsrichtlinien sowie der Arbeitsverträge sein. Wer gegen das auch heute schon bestehende Gebot der Fairness und Kollegialität verstößt, muss konsequent arbeitsrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

RA Dr. Thomas Etzel