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Aus der Urteilsübersicht:

Frage kann rhetorisch und daher persönlichkeitsverletzend sein

Leitsatz des Gerichts:

  1. Die Auslegung eines Fragesatzes hat den Kontext und die Umstände der Äußerung zu berücksichtigen. Sie kann ergeben, dass der Fragesatz  keine „echte Frage“, sondern die unwahre Behauptung einer Tatsache enthält.
  2. Ein Anspruch des durch eine unwahre Tatsachenbehauptung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Beeinträchtigten auf Richtigstellung kann auch nach Ablauf von mehr als sieben Monaten bestehen.

In dritter Instanz wies der Bundesgerichthof die Revision der Beklagten, die Verlegerin der Tageszeitung „Bild“, zurück. Diese hatte in einem Artikel über ein Interview des Unterhaltungskünstler Udo Jürgens im Magazin „Playboy“ berichtet. Jürgens sprach dort über sein Verhältnis zu Frauen, insbesondere zu seinem Verhältnis zur Klägerin Caroline. Die Tageszeitung betitelte ihren Artikel mit folgender Schlagzeile: „Udo Jürgens im Bett mit Caroline?“ Der Untertitel lautete: „In einem Playboy-Interview antwortete er eindeutig zweideutig“. Auf Abmahnung der Klägerin erfolgte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung der Beklagten. Die zusätzlich begehrte Richtigstellung blieb jedoch aus.

In zweiter Instanz hatte das Oberlandesgericht Hamburg die Beklagte zur Abgabe einer Richtigstellung und der Zahlung einer immateriellen Entschädigung von 20.000 Euro verurteilt. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass es sich bei der Veröffentlichung „nicht um eine echte, den Lesern die Auswahl zwischen mehreren möglichen Antworten belassende Frage“ handle. „Vielmehr werde einer Vielzahl von Lesern der Eindruck vermittelt, daß Udo Jürgens mit der Klägerin intim gewesen sei.“ Hierbei sei ausschlaggebend und ausreichend, „daß eine nicht unbedeutende Zahl der unbefangenen Durchschnittsleser der Bildzeitung die Passage auf dem Titelblatt in diesem Sinne“ verstehen. Dieser unrichtige Eindruck beeinträchtige das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin und mache die Veröffentlichung einer Richtigstellung notwendig.

Die Richter des Bundesgerichtshofs führten die Entscheidungsbegründung hinsichtlich der Beurteilung von Fragen bzw. Fragesätzen weiter aus:
„Ist ein Fragesatz nicht auf eine Antwort durch einen Dritten gerichtet oder nicht für verschiedene Antworten offen, so handelt es sich ungeachtet der geläufige Bezeichnung als „rhetorische Frage“ tatsächlich nicht um eine Frage. Fragesätze oder Teile davon, die nicht zur Herbeiführung einer – inhaltlich noch nicht feststehenden – Antwort geäußert werden, bilden vielmehr Aussagen, die sich entweder als Werturteil oder als Tatsachenbehauptung darstellen und rechtlich wie solche zu behandeln sind. Die Unterscheidung zwischen echten und rhetorischen Fragen kann Schwierigkeiten bereiten, weil die sprachliche Form allein keine zuverlässigen Schlüsse erlaubt. Die Zuordnung muß daher gegebenenfalls mit Hilfe von Kontext und Umständen der Äußerung erfolgen. Ist ein Fragesatz in mehreren Deutungen zugänglich, müssen beide Deutungen erwogen werden und das Gericht muß seine Wahl begründen.“
Unter Berücksichtigung dieser Umstände werde, den Richtern nach deutlich, dass der zweite Teil der Äußerung, wonach Jürgens „eindeutig zweideutig“ antwortete, die „scheinbar aufgeworfene Alternativfrage affirmativ“ beantwortet werde. Somit sei dem Leser suggeriert worden, dass die bejahende Alternative vorrangig zu behandeln sei. Daraus folge, dass die Aussage nicht als Frage, sondern als Tatsachenbehauptung zu verstehen sei.

Weiterhin stellten die Richter fest, dass der Anspruch der Klägerin auf Druck einer Richtigstellung gegeben ist, auch wenn seit der Veröffentlichung des Artikels 3 Jahre vergangen sind.

VI ZR 38/03



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