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Aus der Urteilsübersicht:

Mobbing nur in Ausnahmefällen ein tätlicher Angriff

Der 9. Senat des Bundessozialgerichts Baden-Württemberg hatte in zweiter bzw. in dritter Instanz über folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Der Kläger war 1980 mit 21 Jahren erstmals zum Abteilungskommandanten der Freiwilligen Feuerwehr gewählt worden. Nach seiner Wiederwahl 1985 stieß er jedoch zunehmend auf Widrigkeiten im Kameradenkreis. Seine Fähigkeiten und seine bisherigen Leistungen als Abteilungskommandant wurden öffentlich kritisiert, ihm wurde körperliche Gewalt angekündigt und im Sommer 1987 wurde er schließlich bei einer Feuerwehrübung von einem anderen Teilnehmer getreten. Daraufhin legte der Kläger Ende 1987 sein Amt nieder und verließ die Freiwillige Feuerwehr. Er stellte Strafanzeige wegen Beleidigung, Körperverletzung und Nötigung, das Ermittlungsverfahren wurde jedoch eingestellt.

1989 kam der Kläger erstmals in Behandlung. Es wurde eine paranoide Persönlichkeitsstörung mit psychosenaher Dekompensation festgestellt. 1992 beantragte der Kläger deshalb Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Das Landessozialgericht wies jedoch Antrag, Klage und Berufung wegen mangelnder medizinischer Kausalität von Fußtritt bzw. den erlittenen Beleidigungen und der Erkrankung ab. Der Kläger stellte im gleichen Jahr auch einen Antrag auf Beschädigtenversorgung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG). Dieser Antrag wurde vom Beklagten abgelehnt, die Klage vom Sozialgericht abgewiesen und schließlich die Berufung vom Landessozialgericht zurückgewiesen.

Das angerufene Bundessozialgericht folgte den Entscheidungen zu beiden Anträgen und begründete diese folgendermaßen: Bezüglich der Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung urteilten die Richter, dass zwar eine psychische Erkrankung mit körperlichen Auswirkungen vorläge, diese aber nicht durch die vom Kläger beschriebenen Vorgänge verursacht hätte werden können. Weiterhin waren die Richter der Meinung, dass das "Gesetz über die Entschädigung von Opfern von Gewalt" (OEG) in diesem Fall nicht greife, da die vom Kläger aufgeführten Vorgänge nicht als tätlicher Angriff gewertet werden können. Vielmehr könnten diese als "Kette von Ereignissen" unter "der Bezeichnung "Mobbing" zusammengefasst werden.

Grundgedanke des OEG ist die Entschädigung von Gewaltopfern. Voraussetzung für das Greifen des OEG ist das Vorliegen eines tätlichen Angriffs. Dieser wird wie folgt definiert: Eine vorsätzliche und rechtswidrige Einzelhandlung gegenüber einer Person, die auf den Körper abzielt und dadurch eine gesundheitliche Schädigung verursacht. Verbale und nonverbale Angriffe, die auch als Mobbing definiert werden können, wodurch eine Person herabgesetzt, ausgegrenzt oder geächtet wird, fallen nicht darunter, auch wenn die Folge eine psychische Erkrankung ist. Wird die Schwelle des strafbaren durch "Mobbing – Aktivitäten" überschritten, ist in Ausnahmefällen möglich, den Angriff, als auf den Körper des Opfers abzielende Einwirkung und damit als tätlichen Angriff zu definieren. "Wie zu entscheiden wäre, bestände das "Mobbing" aus einer Kette tätlicher Angriffe, die nicht jeder für sich genommen, wohl aber in ihrer Gesamtwirkung allgemein geeignet sind, eine psychische Krankheit hervorzurufen", lässt der Senat offen, "weil ein solcher Fall hier nicht vorliegt".

B 9 VG 4/00 R



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