Buchtipps
Wenn es um die Ehre geht
Dagmar Burkhart
Ehre
Das symbolische Kapital. dtv 24293
Der gute Ruf und die Ehre eines jeden Kaufmanns
gilt in der freien Wirtschaft nach wie vor als Türöffner und wichtiger
Garant ökonomischer Vertrauensverhältnisse. Nicht erst seit Helmut
Kohls skandalösem Ehrenwort, das er nicht zu brechen bereit war, um kriminelle
Machenschaften offen zu legen, ist die ambivalente Bedeutung der Ehre in der
modernen Gesellschaft sichtbar geworden. Die Autorin untersucht zunächst
gesellschaftliche Bereiche der Ehre, wie die Politik, die Wirtschaft, den
Sport, die Kultur, das Recht und die Medien. In einem Exkurs zeigt sie, wie
sich der Pranger vom Schandpfahl zum Internet entwickelt hat und wie mit Farben
der Ehre oder der Ächtung in politischen Kontexten gehandhabt wird. Im
zweiten Teil des Buches werden die Träger der Ehre unter die Lupe genommen,
die Ehrenmänner ebenso wie die tüchtige Hausfrau, die Weicheier
ebenso wie die Harteier, die Lehrer, die Wissenschaftler, die Journalisten,
die Kaufleute und die Ganoven. Schließlich stehen die Ehre der Nation
wie auch beispielsweise der türkischen Gesellschaft innerhalb der deutschen
Gesellschaft zur Debatte. Auch wenn sich der sprachliche Umgang mit Ehre verändert
hat, nicht selten wird von Würde, Ansehen, Achtung, Ruf, Image, Respekt,
Sozialprestige gesprochen und auch Schande häufig durch Diskriminierung,
Beleidigung, Prestigeverlust ersetzt wird, so spielt die Ehre doch weiterhin
eine große Rolle im Zusammenleben der Menschen und in der gesellschaftlichen
Moral. Daher dürfte der traditionelle Ehrbegriff tot sein, aber daraus
umso deutlicher das Erfordernis erwachsen, einen demokratisch tragfähigen
neuen Ehrbegriff zu entwickeln.
Dr. Norbert Copray
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